Jókais „Saffi“ ist die denkbar unmöglichste Grundlage für eine Wiener Operette. Ein historischer Stoff voller Abenteuer, voller unglaublicher Wendungen und fantastischer Episoden. Dennoch hat sich erstaunlich viel aus „Saffi“ in die Operette „Der Zigeunerbaron“ hinüber gerettet. Die Hauptfigur Jonas Botsinkay wird zu „Sandor Barinkay“, die Zigeunerin Czafrinka zu „Czipra“, Saffi und Arsena behalten ihre Namen. Die Geschichte vom Antritt eines Erbes im Banat, das Werben um Arsena, die Liebe zu Saffi und der gesellschaftliche Aufstieg von Botsinkay, bilden schließlich die Hauptachse der Handlung der Operette. Der Schatz, seine Entdeckung und der ehrenvolle Verzicht auf die Reichtümer finden sich fast identisch in der Novelle wie in der Operette. Die Autoren hatten einen sehr guten Blick dafür, welche erzählerischen Elemente sich für die Operette eigneten. Die Autoren, das waren Johann Strauß und Textdichter Ignaz Schnitzer. Johann Strauß war zur „Zigeunerbaron“-Zeit 1883-1885 bereits knapp 60 Jahre alt und ein weltberühmter Komponist. Seit rund 10 Jahren beschäftigte sich der Walzerkönig mit dem Musiktheater, und das heißt für ihn: mit der Operette. Im Oktober 1883 machte Strauß sehr ungute Erfahrungen mit der Operette „Ein Nacht in Venedig“, deren Uraufführung mit Häme und Spott überzogen wurde. Ein Image-Wechsel war angesagt. Ganz offenbar hatte Strauß den Kontakt mit Jókai gesucht und sich für eine seiner Geschichten interessiert. Seine Wahl fiel auf „Saffi“. Im Weiteren scheint Jókai keine besondere Hilfe mehr gewesen zu sein. Der weltberühmte Romancier hatte verständlicherweise kein Interesse, Walzer von Johann Strauß mit Text zu versehen, und auch seine Szenenentwürfe waren für Strauß unbrauchbar. Aus diesem Grund scheint Jókai den Wiener Ignaz Schnitzer engagiert zu haben, Journalist und Dichter, mehrsprachig, genau wie Jókai selbst. Schnitzer wurde dann für Strauß der entscheidende Mitarbeiter für die Bühnenberabeitung, beide fungieren als Autoren von „Der Zigeunerbaron“. Mór Jókai wird nur noch in Form von „nach einer Erzählung von“ genannt. Es heißt, man habe auch vergessen, ihn zur Premiere am 24. Oktober 1884 im Theater an der Wien einzuladen.

03.06.2020